UX & Webdesign

Adieu IE6. Schleppende Ablösung.

Seifenblase

Soll man am besten warten, bis sich die Sache von selbst erledigt oder aktiv gegen den blauen Riesen Nr. 6 vorgehen? Lohnt es sich Energie in diesen Kampf zu stecken oder lässt man ihn ganz elegant, einfach links liegen? Eigentlich sind doch aber v.a. auch andere gefordert, etwas zu tun.

Matthias schreibt im Netzlogbuch unter Die charmante Kritik am IE6 über elegante Methoden, gegen IE6 aktiv zu werden, um dabei behilflich zu sein, dass er schneller von der Bildfläche verschwindet.

Der Haken an der Sache

Welche Hürden stehen einer schnellen Ablösung im Weg?

Lohnt der Aufwand?

So z.B. die von Stuff and Nonsense vorgestellte Methode. Die Website erscheint für Besucher, die den IE6 nutzen, in Schwarzweiß. Die Idee ist schon ziemlich originell. Seh mal, wie langweilig das auf so einer alten Mühle aussieht.

Unabhängig davon, welche Aktion, ist es nicht ganz so einfach. Nehmen wir z.B. den Webzeugkoffer. Für eine Hand voll Besucher am Tag, mache ich mir die Arbeit nicht. IE liegt insgesamt bei unter 10%. Davon wiederum etwa 20% IE6. Insgesamt also etwa 2%, die mit IE6 unterwegs sind. Ich lasse es langsam schleifen und sehe zu, dass das Frontend nicht ganz auseinander fällt. Mehr Energie stecke bzw. muss ich nicht rein stecken.

Markt, Zielgruppen und Zwänge im Unternehmen

Je nachdem, welche Zielgruppen man bedient, kann IE6 noch eine relativ hohe Verbreitung aufweisen. Für unsere Unternehmenswebsite sind das z.B. auch noch um die 20% der Besucher. Diese wiederum sind sehr wahrscheinlich oft auch Mitarbeiter anderer Unternehmen. Unternehmen sind eher langsam, was die Updatezyklen von Browsern betrifft. Dazu später mehr.

Man kann es sich eher nicht leisten, diesen Besuchern dann eine schwarzweiße Website vorzusetzen und/oder einen entsprechenden Hinweis anzubringen. Viele Nutzer werden dafür trotzdem wenig Verständnis haben. Sie interessieren sich nicht dafür, ob sie Nr.6, 7 oder 8 nutzen. Auch wenn man es mit viel Charme versucht bewegt man so u.U. nicht viel. Der Nutzer möchte jetzt die Information und ein möglichst ansprechendes Interface.

Schwarzweiß geht für eine Unternehmenswebsite schon gar nicht. CI und CD regieren. Unternehmen und deren Marken haben ihre Farben. Verkauft das mal gegenüber der Marketingleitung. Viel Spaß.

Ein Einstellen des Supports für IE6, d.h. man nimmt auch gröbere Darstellungsfehler in Kauf, ist auch noch nicht drin. Normale Nutzer sagen sich dann nicht „Stimmt, IE6 ist veraltet, ich wechsle mal schnell den Browser“. Sie fragen sich eher. „Was ist denn hier kaputt?“

Was tun?

Ich weiß, wer nichts tut, der bewegt auch nichts. Die Frage ist eben, ob man es sich leisten kann, es darf oder mag. Diese Frage muss man wiederum für sich selbst beantworten. Es kann nicht vorschnell von allen Webdesignern gefordert werden, den Support für IE6 abrupt einzustellen oder Hinweise für Besucher anzubringen.

Gefordert sind v.a. die Unternehmen und Microsoft als Browserbauer. Microsoft ist und kann auch nur dafür sein, dass IE6 schnellstmöglich von der Bildfläche verschwindet. Ist aber selbst gefordert, entsprechend die Werbetrommel für Nr.7 und 8 zu rühren. Alleine schon, um selbst nicht mit Supportaufwänden für gleich drei Browser konfrontiert zu sein.

Ich sehe v.a. aber die IT-Abteilungen der Unternehmen in der Pflicht. Gerade die browsermäßige Ausstattung der Unternehmen trägt den größten Anteil daran, dass IE6 noch so relativ stark verbreitet ist, obwohl IE7 schon relativ lange da ist. Ein oft gehörtes Argument: „Unternehmenskritische Anwendungen laufen nur auf IE6“. Das ist oft wirklich so, keine Frage. Und weiter? Wie wäre es damit, entsprechende Anforderungen konkret in die Evaluierung neuer Systeme einfließen zu lassen, um wiederum die Hersteller dieser Anwendungen zu fordern.

Das muss das Ziel sein. Aktuell ist es so, dass IE7 und Firefox zusammen weit über die Hälfte des Browsermarktes unter sich aufteilen. Warum wurden also so lange Zeit Unternehmens- und Webanwendungen auf Basis eines veralteten Browsers neu-und weiterentwickelt?

Ändert sich hier nicht grundsätzlich was, dann wird sich das Trauerspiel immer wieder wiederholen. Immerhin wurde bei uns letzte Woche gerade IE7 ausgerollt. Ein paar Hundert IE6-Nutzer weniger.

Der Aufwand kann sich lohnen! Aber.

Wer kann, darf und mit angemessenem Aufwand etwas aktiv tun kann, sollte das auch – wenn entsprechende Websites einen wirklich relevanten Anteil an Besuchern mit IE6 aufweisen.

Immerhin haben es die aktuelle Diskussion und Aktionen bereits in berichtende Medien wie etwa Golem geschafft, die auch von Nicht-Webdesignern gelesen werden.

Das kann den Druck erhöhen. Aktionen der Webdesigner signalisieren, dass was nicht stimmt. Und um eins klar zu stellen: Den Webdesignern, die konkrete Aktionen durchziehen, kann es nicht vordergründig darum gehen, weniger Arbeit zu haben. Sie machen sich durch solche Aktionen oft zusätzliche Arbeit. Es geht um Webstandards, Best Practice, Entwicklungskosten und Qualität!

Trotzdem. Ohne Aktivitäten seitens MS und den IT-Abteilungen sind solche Aktionen eher unter Revolte zu sehen und dokumentieren mehr oder weniger den Abgang des Browsers. Das meiste dürfte an den Durchschnittsanwendern vorbei gehen.

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